Impuls zum 22. Oktober 2023
Von Diakon Horst-Peter Rauguth, Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand
Lied
GL 481: Sonne der Gerechtigkeit
Zu Beginn
Gott,
wir tragen Verantwortung für die Zeit
und die Gesellschaft, in der wir leben.
Lass uns in der Hingabe an dich wachsen
und hilf uns,
die Welt nach deinem Willen zu gestalten.
Durch Christus, unseren Herrn.
Kyrie
Worauf sollen wir hören, sag uns worauf!
So viele Geräusche, welches ist wichtig?
So viele Beweise, welcher ist richtig?
So viele Reden! Ein Wort ist wahr.
Herr erbarme dich.
Wohin sollen wir gehen, sagt uns, wohin!
So viele Termine, welcher ist wichtig?
So viele Parolen, welche ist richtig?
So viele Straßen! Ein Weg ist wahr.
Christus erbarme dich.
Wofür sollen wir leben, sag uns, wofür!
So viele Gedanken, welcher ist wichtig?
So viele Programme, welches ist Richtig?
So viele Fragen! Die Liebe zählt.
Herr erbarme dich.
Evangelium - MT 22,15-21
In jener Zeit
kamen die Pharisäer zusammen
und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.
Sie veranlassten ihre Jünger,
zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen
und zu sagen: Meister,
wir wissen, dass du die Wahrheit sagst
und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst
und auf niemanden Rücksicht nimmst,
denn du siehst nicht auf die Person.
Sag uns also:
Was meinst du?
Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen,
oder nicht?
Jesus aber erkannte ihre böse Absicht
und sagte: Ihr Heuchler,
warum versucht ihr mich?
Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt!
Da hielten sie ihm einen Denár hin.
Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das?
Sie antworteten ihm: Des Kaisers.
Darauf sagte er zu ihnen:
So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört,
und Gott, was Gott gehört!
Zum Nachdenken
Das heutige Evangelium ist innerhalb des 22. Kapitels des Matthäusevangeliums die erste von insgesamt vier Auseinandersetzungen Jesu mit Gegnern. Das Streitgespräch rund um die Steuerfrage ist ganz nach dem Vorbild rabbinischer Lehrgespräche verfasst, in denen auch Demonstrationen und Merksätze beliebt gewesen sind. Die Pharisäer wollen Jesus eine Falle stellen, in dem sie eine Frage stellen, die ein Dilemma darstellt. Heißt Jesus die Steuern an den Kaiser gut, so befürwortet er das Untertan sein unter den weltlichen, von den Römern als gottgleich angesehenen Kaiser. Lehnt er das Steuerzahlen ab, so galt das als offene Aufruhr gegen die weltliche Macht. Seit der Bestellung eines römischen Statthalters für die Provinz Judäa (6 nach Chr.) war eine kaiserliche Steuer zu entrichten. Die Römer verlangten diese von allen Männern, Frauen und Sklaven vom 14. bis zum 65. Lebensjahr. Über die Höhe der Steuer haben wir keine genauen Informationen. Den Juden machte diese Steuer einerseits ihre politische Abhängigkeit von den Römern bewusst und stellte andererseits neben dem politischen auch ein theologisches Problem dar. Zeloten lehnten diese Steuer strikt ab, denn für sie durfte man nach Gott keinem sterblichen Herrscher untertan sein. Für die Pharisäer war die Steuer eine schwere Last, letztlich zahlten sie diese aber doch.
Jesus lässt sich eine Münze zeigen, mit der die Steuer bezahlt werden soll. Auf dem Denar ist das Bild des Kaisers zu sehen. Indem die Gegner Jesu diese Münze im Tempelbereich herzeigen, verletzen sie nach jüdischem Empfinden die Würde des Ortes und überführen sich somit selbst.
Jesus beantwortet letztlich die an ihn gestellte Frage weder mit Ja noch mit Nein. Er gibt vielmehr eine Weisung, die jedem Einzelnen im konkreten Fall eine Entscheidung ermöglicht, ohne diese aber abzunehmen.
"Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" Wir haben heute als Christinnen und Christen in der Nachfolge der Propheten und in der Nachfolge Jesu zu fragen, ob das, was geschieht, was auch heute ganz konkret in der Finanzpolitik und in der Wirtschaftspolitik, in der Art, wie die Not und das Leid vieler Menschen beachtet werden, der Mensch das Kriterium der Entscheidungen ist und nicht irgendwelche abstrakten Märkte, die es irgendwie zu beruhigen gilt. Jesus rettet nicht nur dem Kaiser den Kopf - Jesus möchte, dass Gott erhält, was ihm zusteht. Er hat das letzte Wort. Jetzt bekommen wir als Christen die gar nicht so leichte Aufgabe, auch in der Politik Partei zu ergreifen für die Schwachen und Armen. Gottes Maßstab sind wir als Menschen. Und wo Menschen sich für die Rechte von Menschen einsetzen, sind sie in Gottes guter Gesellschaft.
Fürbitten
Gott und Vater,
wir kommen zu dir mit unseren Bitten
in den Nöten unserer Schwestern und Brüder:
Wir bitten dich für alle, die durch politischen,
wirtschaftlichen oder militärischen Druck gezwungen werden,
gegen ihre Überzeugung zu handeln.
Wir bitten dich für alle, die ihre Meinung
aus Furcht vor den Mitmenschen verleugnen müssen.
Wir beten für alle, die den Götzen unserer Zeit verfallen sind,
und ihnen ihr Leben opfern.
Wir beten für alle Heranwachsenden, dass sie fähig werden,
die vielfältigen Manipulationsmechanismen unserer Gesellschaft
zu durchschauen und ihre Eigenständigkeit zu entwickeln.
Vater im Himmel, wir glauben und bekennen,
dass du der Herr bist, und sonst niemand.
Dir vertrauen wir. – Amen
Hans Hütter (1999)
Schlussmeditation
hinschauen
genau hinschauen
sich nicht zufriedengeben
mit dem ersten eindruck
der ersten schnellen antwort
dem vermeintlich richtigen und wahren
verstehen wollen
dahinter schauen
erkennen was gesagt werden soll
interpretieren was schon klar scheint
misstrauen wo es nötig ist
vertrauen wo es weiterführt
auch daran
entscheidet sich heute
gelebter glaube
als christ
als jude
als muslim
als glaubender
als mensch
(Bernhard Rathmer)
Lied
GL 409: Singt dem Herrn ein neues Lied